Alltagsprobleme nicht mit ins Schlafzimmer nehmen

Rund ein Drittel des Tages verbringen wir im Schlaf – wenn alles gut läuft. Bei sehr vielen Menschen bringen jedoch Schlafstörungen zumindest zeitweise den natürlichen Lebensrhythmus gehörig durcheinander. Wir sprachen darüber mit dem Schlafexperten Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Leiter der Klinik für Neurologie am Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB).

Wolf-Rüdiger Schäbitz, Jahrgang 1967, wuchs in Halle an der Saale auf. Sein Medizinstudium absolvierte er in Hamburg und Heidelberg. 1995 promovierte er in Heidelberg, knapp zehn Jahre später folgte dort seine Habilitation. Seit 2009 ist Prof Dr. Wolf-Rüdiger Schäbitz Leiter der Klinik für Neurologie am Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB).

Wie viel Schlaf braucht der Mensch?
Prof. Dr. Schäbitz: Erst mit etwa 20 pendelt sich das Schlafmaß ein. Erwachsene brauchen dann bei uns im Durchschnitt sechseinhalb Stunden Schlaf, das kann natürlich individuell abweichen. Das ist übrigens von Land zu Land auch unterschiedlich. Bei den Briten zum Beispiel liegt der Wert im Schnitt etwas niedriger, bei den Spaniern etwas höher. Kinder brauchen deutlich mehr Schlaf, Kleinkinder ja sogar zwölf Stunden und mehr. Im Alter nimmt der Schlafbedarf ab.

Wie weit verbreitet sind Schlafstörungen?
Prof. Dr. Schäbitz: Sehr, sehr weit. Man schätzt, dass in Deutschland aktuell rund vier Millionen Menschen betroffen sind. Andere Berechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass jeder vierte Deutsche schon Erfahrungen mit Schlafstörungen hatte oder noch hat. Dabei ist Schlafstörung nicht gleich Schlafstö-rung. Es gibt Einschlafstörungen und Durchschlafstörungen, verschiedene Arten von Tagesschläfrigkeit, schlafbezogene Bewegungsstörungen und schlafbezogene Atmungsstörungen. Die Medizin unterscheidet insgesamt rund 80 Varianten.

Welche Ursachen können Schlafstörungen haben?
Prof. Dr. Schäbitz: Die können sehr vielfältig sein. Für einige Schlafstörungen lassen sich keine körperliche oder seelische Ursache finden. Sie werden etwa durch Stress oder ungünstige Schlafbedingungen verursacht. Andere Schlafstörungen haben eine organische oder eine psychische Ursache. Manchmal verschwinden Schlafstörungen wieder von allein, sobald der Auslöser wegfällt, in anderen Fällen kann eine gute Schlafhygiene die Schlafstörungen beseitigen. Oft bedarf es aber auch der medizinischen Hilfe.

Wann sollte ich zum Arzt gehen?
Prof. Dr. Schäbitz: Wenn man mal schlecht schläft, ist das nicht schlimm. Das wird innerhalb der nächsten Tage wieder kompensiert. Bedenklich wird es, wenn der Schlaf dauerhaft gestört ist. Dann kommt es zu Beeinträchtigungen am Tage. Die Belastbarkeit nimmt ab, die Konzentrationsfähigkeit lässt nach. Darin steckt dann unter Umständen auch eine konkrete Gefahr, wenn der Betroffene beispielsweise Auto fahren oder eine Maschine bedienen muss.

Was macht der Arzt in solch einem Fall?
Prof. Dr. Schäbitz: Anhand eines ausführlichen Gesprächs und der Krankengeschichte kann er oftmals schon auf die Ursache der Schlafstörung schließen – beispielsweise ungünstige Schlafbedingungen oder eine Erkrankung. Unter Umständen sind jedoch auch aufwendigere Schritte nötig, etwa die Untersuchung in einem Schlaflabor.

Wozu dient ein Schlaflabor? Was geschieht dort?
Prof. Dr. Schäbitz: Die Untersuchung im Schlaflabor erfolgt nachts, das heißt, der Patient verbringt die Nacht in einem eigenen Schlafzimmer im Labor, wo die Schlafmediziner seinen Schlaf überwachen können. Dadurch kann man zum Beispiel feststellen, ob eine Schlafapnoe vorliegt, also Atemstillstände während des Schlafs. Das ist sehr häufig der Fall. Eine Schlafapnoe zählt zu den Hauptursachen von Schlafstörungen und ist in jedem Fall behandlungsbedürftig, denn sie stellt erwiesenermaßen ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen dar.

Was kann man für einen gesunden Schlaf selbst tun?
Prof. Dr. Schäbitz: Die eben schon erwähnte Schlafhygiene ist wichtig. Dahinter verbirgt sich ein ganzer Strauß von Dingen, die man selber tun kann oder lassen sollte. Ganz wichtig ist, dass die Alltagsprobleme nicht mit ins Schlafzimmer kommen. Nur müde ins Bett gehen, auf regelmäßige Schlafenszeiten achten, Störquellen beseitigen, Genussmittel und schwere Kost meiden, kein Extremsport am Abend – da kann man also selbst viel beeinflussen.

Und was macht man, wenn’s gar nicht klappen will?
Prof. Dr. Schäbitz: Auf jeden Fall sollte man sich nicht stundenlang hin und her wälzen – und die Ruhe bewahren. Manchmal hilft es schon, wenn man die krampfhaften Einschlafversuche unterbricht und ein paar Seiten im Buch liest. Aber es sollte natürlich nichts Aufregendes sein.

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