Nachts kommt die Müllabfuhr

Schlaf gut! Das wünschen wir uns am Abend, wohl wissend: Wer in der Nacht gut schläft, ist erholt und fit für den nächsten Tag. Warum Schlaf so wichtig ist und welche gesundheitlichen Risiken Schlafmangel birgt, erklärt Schlafexperte Klaus Kampmann im Interview.

In unserer modernen Gesellschaft scheint Schlaf keinen hohen Stellenwert zu haben, manche leben eher nach dem Motto: Wer wenig schläft, hat mehr vom Tag!
Das ist eine Täuschung, wer zu wenig schläft, hat meist auch nicht viel vom Tag. Es gibt zwar Menschen, die mit knapp fünf Stunden auskommen und trotzdem fit sind, aber das ist die Ausnahme. Die meisten von uns brauchen im Schnitt zwischen sieben und neun Stunden Schlaf, um leistungsfähig zu sein. Für mich ist das auch eine Frage, wie gut wir mit uns selbst umgehen: Achte ich auf mich und meinen Körper? Klar ist: Zu wenig Schlaf birgt viele Gefahren, wir sind unkonzentrierter und gereizt. Bei längerem Schlafmangel kann es zu schwerwiegenden Krankheiten kommen. Studien zeigen: Wer dauerhaft nicht genügend schläft, schädigt sein Herz, hat ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen wie Diabetes, schwächt sein Immunsystem.

Wie ist es denn um den Schlaf der Deutschen bestellt?
Der Trend geht hin zu immer weniger Schlaf. Vor 100 Jahren haben die Deutschen im Schnitt neun Stunden pro Nacht geschlafen, da gab es noch kein Fernsehen und kein World Wide Web. Jetzt sind wir kollektiv bei 7,5 Stunden Schlaf pro Nacht angekommen, Tendenz weiter sinkend. Die große Gefahr sehe ich darin, dass sich der Mensch gut anpassen kann, wir gewöhnen uns an weniger Schlaf und glauben, damit zurechtzukommen. Auch um die Qualität des Schlafes ist es nicht gut bestellt. Es gibt Schätzungen, dass 80 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland keinen guten Schlaf haben, das heißt, sie schlafen schlecht ein und/oder wachen nachts auf. Ein Faktor ist sicher Stress, den wir nicht richtig abbauen. Schlafforscher sagen aber auch, dass 80 Prozent der Schlafstörungen behoben werden können, weil sie mit dem Verhalten der Menschen zu tun haben. Das ist die gute Nachricht.

Warum sollten wir uns um guten Schlaf bemühen?
Wer ausreichend schläft, ist fitter und gesünder. In Studien konnten Sportler und Musiker ihre körperliche und mentale Leistungsfähigkeit durch ein wenig mehr Schlaf steigern. Schlaf ist das notwendige Erholungsprogramm für Körper, Geist und Psyche und das jede Nacht. Im Schlaf laufen viele körperliche und psychische Prozesse ab. Kinder wachsen im Schlaf, der Körper heilt und regeneriert sich, unser Immunsystem wird gestärkt. Und was viele nicht wissen: Das Gehirn arbeitet nachts tatsächlich mehr als tagsüber. Darum lautet ein Tipp aus der Schlafforschung: Habe genug Sauerstoff in deinem Schlafzimmer. Lüften vor dem Schlafengehen ist ganz wichtig.

Über Nacht scheinen sich manche Dinge auch zu klären. Da muss ich erst mal eine Nacht drüber schlafen, sagen wir ja ... Genau!
Wer ein Musikinstrument spielt oder Fremdsprachen lernt, wird das bestimmt schon beobachtet haben: Einmal drüber schlafen, und am nächsten Tag ist man ein Stück weiter. In der Nacht werden die Datenbanken im Kopf reorganisiert, wird Gelerntes gefestigt. Eine interessante Entdeckung ist auch, dass im Tiefschlaf ein besonderer Reinigungsprozess stattfindet. Nachts kommt sozusagen die Müllabfuhr, eine Gehirnflüssigkeit breitet sich aus und nimmt den Unrat mit. Für michist das ein Wunder der Natur – und ein weiterer guten Grund, für genügend Nachtschlaf zu sorgen.

Was ist mit konkreten Problemen wie Schnarchen?
Intensives Schnarchen würde ich untersuchen lassen, das kann ein Zeichen für Schlaf-Apnoe sein, die Menschen haben dann nachts Atemaussetzer. In diesem Fall ist ein Gang ins Schlaflabor sinnvoll. Dort wird mein Schlaf aufgezeichnet, gemessen und ausgewertet. So lässt sich eine aussagekräftige Diagnose herleiten. Wenn der Bettnachbar schnarcht, sind getrennte Schlafzimmer ratsam, damit beide gut schlafen können. Denn die Feinde von gutem Schlaf sind Geräusche, hohe Temperatur und Helligkeit.

Wann sollte ich zum Arzt?
Grundsätzlich gilt: Beim Schlaf gibt es eine breite Spanne, der eine schläft in zwei Minuten ein, der andere braucht 20 Minuten, das ist alles normal. Auch besondere Ereignisse wie ein Jobwechsel können sich auf den Schlaf auswirken. Wenn sich allerdings unter normalen Bedingungen mehr als vier Wochen lang kein erholsamer Schlaf einstellt, sollten Betroffene besser einen Arzt aufsuchen.

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