Dankbarkeit – eine Haltung, die uns stark macht

Der Sommer schenkt uns reichlich Früchte, die Fülle der Natur ist jetzt überall erlebbar. Ein Grund dankbar zu sein – auch wenn das ein bisschen aus der Mode gekommen zu sein scheint. Dabei macht uns Dankbarkeit stark, sagen Experten. Und man kann sie sogar trainieren.

Eltern lassen nicht locker, wenn es darum geht, ihren Kindern Benehmen beizubringen. Egal ob es ein paar Kirschen von der Marktfrau gibt oder ein Eis von der Oma – was sagt man? „Danke!“ Na bitte. Doch mit echter Dankbarkeit hat die Höflichkeitsformel meistens wenig zu tun, bei Kindern wie bei Erwachsenen. Vielen ist das Gefühl sogar suspekt. Dankbar sein, das klingt nach Demut und Bescheidenheit und macht uns bewusst, dass wir auf andere angewiesen sind. Dabei haben wir unser Leben doch gerne selbst im Griff und wollen von niemandem abhängig sein.

Tatsächlich ist Dankbarkeit eine zweischneidige Erfahrung, sagt der Theologe Thorsten Dietz. Wer etwas bekommt, muss etwas zurückgeben – diese von Kindesbeinen an trainierte Verpflichtung zur Gegenleistung könne das Gefühl der Dankbarkeit regelrecht „vergiften“. Wir stehen in der Schuld eines anderen, heißt es. Dem gegenüber sieht Dietz das Prinzip der Gnade, also die Erkenntnis: Ich bin radikal beschenkt, radikal geliebt, ohne irgendeine Leistung erbringen zu müssen. „Das ermöglicht eine ganz neue Sicht und macht das Leben reicher“, sagt der Theologe.

Dankbarkeit im Alltag trainieren

Die Aufmerksamkeit auf das Gute im Leben zu lenken, ist auch Ziel eines Online-Dankbarkeits-Trainings, das der Gesundheitspsychologe Dirk Lehr von der Leuphana Universität Lüneburg zusammen mit der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg entwickelt hat. Es geht darum, sich bewusst zu machen, dass wir uns über viele Dinge freuen können: die Natur, eine blühende Rose, gute Freunde. Teilnehmer, die das praktizieren, berichten, dass mehr Dankbarkeit in ihrem Leben zu weniger Stress und Depressivität führt. Die Resilienz, die psychische Widerstandsfähigkeit, wird gestärkt, das Wohlbefinden gefördert, kurzum: Dankbarkeit ist gut für die Gesundheit. Studien in den USA, Großbritannien und anderen Ländern kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Eine dankbare Grundhaltung hilft demnach, auch mit schwierigen Lebenssituationen fertig zu werden und mildert negative Folgen für Körper und Seele ab.

„Dankbarkeit ist die Fähigkeit, das Positive wahrzunehmen und wertzuschätzen. Und diese Fähigkeit lässt sich trainieren“, fasst Professor Lehr zusammen. Allzu menschlich ist es erst einmal, dass wir uns auf Schwierigkeiten konzentrieren. Wir steigern uns in den Ärger bei der Arbeit hinein, beißen uns an einem Problem fest, immer wieder kreisen die Gedanken um eine vermeintliche Ungerechtigkeit. Die Dankbarkeits-Übungen helfen, die eigene Wahrnehmung zu verändern und den inneren Schalter umzulegen – weg vom Negativen, hin zum Positiven. Gerade bei Menschen, die zum Sorgen und Grübeln neigen, habe sich das Training bewährt, so Lehr. Denn es zeigt einen Weg, um aus der Negativ-Spirale herauszukommen.

Eigene Einstellungen reflektieren

Insgesamt umfasst das Training fünf Einheiten, die in einem wöchentlichen Rhythmus bearbeitet werden. Etwa eine Stunde Zeit pro Woche sei erforderlich, erklärt Dirk Lehr. In den Übungen geht es zum Beispiel darum, eigene Einstellungen zu reflektieren: Brauche ich immer einen besonderen Anlass, um dankbar zu sein? Bin ich misstrauisch, wenn andere Menschen mir etwas schenken? Eine Aufgabe lautet, einen halben Tag lang bewusst zu beobachten, wo Mitmenschen mir etwas Gutes tun. Eine andere Übung ist, Formen zu finden, um Dankbarkeit auszudrücken. Außerdem halten die Teilnehmer täglich mit einer begleitenden Smartphone-App positive Eindrücke fest. Das kann eine kurze Notiz sein, ein Foto oder eine schöne Musik.

Für Dirk Lehr ist das Training eine „einfache und wirksame Methode“, die gut mit anderen therapeutischen Maßnahmen vereinbar ist. Ähnliche Effekte lassen sich auch mit einem Dankbarkeits- Tagebuch erzielen, so der Gesundheitspsychologe. Wichtig sei es nur, Dankbarkeit zu einer Gewohnheit im Alltag zu machen und regelmäßig zu praktizieren, denn sie verstärkt das Gute im Leben und macht das Schwierige ein bisschen leichter.

Weitere Informationen zum Dankbarkeits-Training unter:
www.geton-training.de/dankbarkeit.php

Zeit für Erntedank?

Im Garten reifen Äpfel, Birnen und Kürbisse, das Getreide auf den Feldern ist größtenteils gedroschen. In früheren Zeiten war es dabei selbstverständlich, für eine reiche Ernte zu danken, das Erntedankfest gilt als eines der ältesten Feste überhaupt. Christen erinnern damit an die enge Verbindung von Mensch und Natur und machen deutlich, dass der Mensch die Schöpfung Gottes nicht unter Kontrolle hat. Traditionell wird in den Kirchen der Altar mit Blumen und Früchten aus Feld und Garten geschmückt. Verbreitet ist auch der geflochtene Erntekranz, der im Haus oder in der Kirche aufgehängt wird. Ein anderer Brauch sind Umzüge mit festlich geschmückten Wagen.

Das Erntedankfest ist heutzutage auch Anlass, auf Themen wie Tier-und Umweltschutz oder die Verschwendung von Lebensmitteln aufmerksam zu machen. Nicht nur Landwirte beklagen, dass Nahrungsmittel oft wenig wertgeschätzt werden und sogar im Müll landen. Nach einer Studie der Universität Stuttgart werfen allein die Privathaushalte in Deutschland im Jahr 6,7 Millionen Tonnen Lebensmittel weg. Pro Bürger sind das jährlich etwa 82 Kilogramm. Hinzu kommen Verluste im Handel oder beim Erzeuger. Verschiedene Initiativen versuchen, der Vergeudung entgegenzuwirken. Einige Beispiele:

• Pflücken erlaubt: Die Initiative www.mundraub.org zeigt auf einer digitalen Karte, wo Obst oder Nüsse legal gepflückt werden können. Ebenso sind Regeln für den Umgang mit scheinbar herrenlosem Obst nachzulesen.
• Essen teilen: Auf der Internetplattform www.foodsharing.de können Privatpersonen, Händler oder Produzenten Lebensmittel, die sonst weggeschmissen würden, kostenlos anbieten oder abholen.
• Zu gut für die Tonne: So heißt eine Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Sie bietet Tipps zum richtigen Einkauf und Rezepte für die Resteverwertung und ist auch als App verfügbar.