Der Traum vom perfekten Aussehen

Durch Castingshows, TV-Sendungen, Zeitschriften und Werbung wird ein Bild von Schönheit vermittelt, dem viele nacheifern. Um so auszusehen wie die selbst auserwählten Vorbilder, nehmen immer mehr Menschen eine Menge in Kauf und scheuen auch nicht vor chirurgischen Eingriffen zurück. Was besondere Sorgen bereitet: Auch viele Jugendliche ziehen Schönheitsoperationen in Erwägung.
Die Zahl der Schönheitsoperationen in Deutschland ist nach Daten zweier Ärzteverbände 2015 um rund neun Prozent gestiegen. Allein diese beiden Fachgesellschaften zählten 43.287 ästhetisch- plastische Eingriffe, nach 39.723 im Jahr 2014. Die Gesamtzahl der Schönheitsoperationen dürfte etwa doppelt so hoch sein, sagte der Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), Magnus Noah, bei einer Tagung seiner Organisation in Hamburg. Die Zahlen beruhen auf einer Mitgliederbefragung der VDÄPC und der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). In den beiden Gesellschaften sind nur ästhetisch-chirurgische Fachärzte organisiert. Rechnet man noch die zahllosen Tatoos und Piercings hinzu, die im Dienste der Schönheit vorgenommen werden, wird die Dimension des Themas noch viel größer. Prof. Dr. Werner L. Mang, ein Pionier der sogenannten Schönheitschirurgie in Deutschland, sieht diesen „Schönheitswahn“ täglich, auch bei Jugendlichen. „In Deutschland werden europaweit die meisten Schönheitseingriffe durchgeführt, Tendenz steigend“, so der Chefarzt der Bodenseeklinik in Lindau. Dazu kämen noch unzählige Behandlungen wie Faltenunterspritzungen mit Botox oder Hyaluronsäure. Er wundere sich oft darüber, dass man lieber auf einen Urlaub oder eine neue Küche verzichte und dafür eine Schönheitsoperation machen lasse. Prof. Mang: „Von den Medien wird den Menschen suggeriert, dass, wenn man gut aussieht, beruflich und privat bessere Chancen hat. Das ist aber oft ein Trugschluss.“

Die verzerrte Wahrnehmung von Schönheit

In Deutschland werden europaweit die meisten Schönheitseingriffe durchgeführt, Tendenz steigend.
Sendungen im Fernsehen vermitteln ein falsches Bild, denn gerade Teenager lassen sich schnell beeinflussen und eifern leidenschaftlich den Schönheitsidealen der heutigen Zeit nach, so die Erfahrung von Medizinern wie Prof. Mang. Die Schönheit wird zum Kult, und wer sich den aktuellen Trends nicht beugt, wird schnell zum Außenseiter. Ein Drittel aller Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren fühlen sich nicht gut aussehend. Eine schlimme Entwicklung, findet Prof. Mang. Seiner Meinung nach vermitteln auch Sendungen im Fernsehen „ein falsches Körperbild“. Dort gebe es ein klar vorgegebenes Schönheitsideal. Wer diesem Bild nicht entspreche, habe versagt. Zurück bleibe das frustrierende Gefühl, nicht gut genug zu sein. „In den Print- und TV-Medien und vor allem im Internet wird den jungen Leuten eingeredet, dass, wenn du gut aussiehst, du auch beruflich und privat bessere Chancen hast und erfolgreicher wirst. Das geht sogar so weit, dass Mädchen wie Heidi Klum oder Kim Kardashian aussehen wollen, weil diese Damen viel Geld verdienen.“ Minderjährige werden in Deutschland aber nur in Ausnahmefällen operiert. Dazu zählt beispielsweise das Anlegen der Ohren, das bereits seit mehr als 30 Jahren an Kindern vorgenommen wird. Diese Form der Operation ist bewährt und nichts Neues. Man nimmt sie vor, um den Kindern Hänseleien zu ersparen. Zu den weiteren Eingriffen, die medizinisch notwendig und somit ausnahmsweise ab 16 Jahren durchgeführt werden können, zählen auch Nasenkorrekturen, Fettabsaugung bei extremen Fettansammlungen oder eine fehlentwickelte Brust.

Generell ist es in Deutschland so, dass ein Arzt ohne die Unterschrift der Eltern keinen Eingriff bei Minderjährigen durchführen kann. „Und das ist auch gut so“, betont Prof. Mang. „Oft sind bei den Beratungsgesprächen die Eltern dabei. Sie können manchmal die Wünsche ihrer Kinder nicht mehr verstehen. Meistens schafft man es in diesen Dreiergesprächen, einen Konsens zu finden, dass die Schönheitsoperation verhindert werden kann und der Jugendliche sich das nochmals überlegt.“ „Natürlich schön ist am gesündesten“ Die Zahl der Schönheitsoperationen in Deutschland ist nach Schätzungen der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plas-tischen Chirurgen (VDÄPC) und der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) 2015 um knapp zehn Prozent gestiegen. Der Männeranteil bei den Operationen liegt unverändert bei zwölf Prozent. Der häufigste Eingriff bei Frauen ist die Brustvergrößerung, gefolgt von der Fettabsaugung und der Oberlidstraffung. Mit deutlichem Abstand folgen Nasenoperationen und Eingriffe zur Bauchstraffung. Männer lassen sich vor allem vergrößerte Brüste entfernen, Fett absaugen oder Oberlider straffen. Zunehmend gefragt ist bei ihnen die Haarverpflanzung. Beim häufigsten Eingriff bei Frauen, der Brustvergrößerung, kommt es überdurchschnittlich oft zu Komplikationen. Vor sechs Jahren hatte ein Skandal um Brustimplantate aus Billig-Silikon für Aufsehen gesorgt. Kritisch zur steigenden Zahl der Schönheitsoperationen äußert sich die Nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Reine Schönheitschirurgie sollte sehr gut überlegt sein. „Kosmetik mit dem Skalpell birgt immer Risiken, und das Resultat entspricht nicht unbedingt den eigenen Wunschvorstellungen“, meint Steffens und fügt hinzu: „Natürlich schön ist am gesündesten.“

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