Die Kraft der Sprache

Sprache hat einen starken Einfluss auf den Menschen. Im positiven Fall können Worte heilen und die Gesundung fördern, im negativen Fall können sie aber auch Angst erzeugen oder sogar Beschwerden hervorrufen.
Welchen Einfluss Worte haben können, verraten uns schon die vielen Redewendungen, die es dazu in der deutschen Sprache gibt.
Formulierungen wie „Jemanden beim Wort nehmen“, „Aufs Wort gehorchen“, „Ein Wörtchen mitreden“ und „Tacheles reden“ lassen die Kraft erahnen, die von Sprache ausgehen kann. Andererseits lehrt uns der Volksmund auch, dass man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte, dass einem manchmal das Wort im Halse stecken bleiben kann und dass Reden mitunter nur Silber wert ist. Vielleicht hilft es zuweilen, wenn man statt deutlicher Worte lieber etwas durch die Blume sagt.Auf keinen Fall sollte man ohne Punkt und Komma reden. Sich jedes Wort aus der Nase ziehen zu lassen, ist aber meistens auch keine Lösung.

„Das Wort verwundet leichter, als es heilt“

„Das Wort verwundet leichter, als es heilt.“ Dieses bekannte Goethe-Zitat führt uns zur „sprechenden Medizin“ – ein Begriff, der häufig dann fällt, wenn es um die Verbesserung unseres Gesundheitssystems geht. Eigentlich sollten Ärzte wissen, wie zutreffend dieser Satz ist, befolgt wird er dennoch nicht immer. Laut einer repräsentativen Befragung des forsa-Instituts erwarten 95 Prozent der Patienten von ihrem Arzt, dass er sich Zeit nimmt, um alles verständlich zu erklären. 94 Prozent wünschen sich, dass der Arzt die Meinung des Patienten ernst nimmt. Patienten wollen also nicht nur stumm eine Abfolge von technikgestützten Messungen und Untersuchungen über sich ergehen lassen, sondern hoffen vor allem auf einen sensiblen Gesprächspartner, der genau hinhört, die richtigen Fragen stellt und hilfreiche Antworten gibt. „Ich muss als Arzt immer darauf achten, wie ein Patient sich selbst erlebt, denn es gibt einerseits einen objektiven Befund, andererseits aber auch eine subjektive Tatsache“, sagt Dr. Cornelia Buldmann, die mit ihrem Mann Jörg Buldmann eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Bielefeld führt. Beide setzen auf eine intensive Kommunikation mit ihren Patienten und haben damit gute Erfahrungen gemacht.

Gelegenheiten sich so mit seinen Patienten zu beschäftigen, gibt es in jeder Praxis reichlich, denn im Laufe seines Berufslebens führt ein Arzt geschätzte 200.000 Gespräche. Häufig verdienen die Begegnungen im Sprechzimmer aber nicht wirklich die Bezeichnung „Gespräch“. Patienten werden durchschnittlich schon nach etwa 15 Sekunden unterbrochen, hat man herausgefunden. Etwa die Hälfte von dem, was Ärzte in den oft sehr einseitigen Unterhaltungen erzählen, verstehen die Patienten nicht richtig. Und von dem Rest haben sie noch einmal die Hälfte vergessen, wenn sie zu Hause angekommen sind. Viele Patienten sind zudem überfordert von Aufklärungsbögen, Beipackzetteln und anderen Schriftstücken. Die Folge: viel Verwirrung, wenig Klarheit. Nachgewiesen ist auch, dass bei Patienten Krankheitssymptome auftreten oder sich verschlimmern können, nur weil Äußerungen von Ärzten einen negativen Touch hatten. Informationen können im wahrsten Sinne des Wortes sauer aufstoßen. So ist vielen Krebspatienten schon vor einer Chemotherapie übel – aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen. Besser ist daher eine Wortwahl, die das Positive betont. Ärzte sollten zum Beispiel bei der Erläuterung von Medikamenten sagen: „Die meisten Patienten vertragen sie sehr gut“. Und nicht die fünf Prozent zum Thema machen, bei denen – laut Statistik – Nebenwirkungen auftreten können.

„Ausreichend Zeit für eine ganzheitliche Betrachtung“

Am ehesten realisierbar – da sind sich die Experten einig – ist die stärkere Fokussierung auf die sprechende Medizin bei Hausärztinnen und Hausärzten. Sie seien oft die engsten Vertrauten bei allen Gesundheitsfragen und begleiteten viele Menschen ein halbes Leben lang, hob NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens erst jüngst wieder deren Schlüsselrolle hervor. „Eine gute hausärztliche Betreuung mit ausreichend Zeit für eine ganzheitliche Betrachtung der Patientinnen und Patienten einschließlich ihrer individuellen Lebensumstände kann nicht nur die Lebensqualität der Menschen erhöhen, sondern auch Krankenhausaufenthalte und anderen Folgekosten für das Gesundheitssystem vermeiden“, ist die Ministerin überzeugt.

Ärzte-Latein verständlich gemacht

Wer das Ärzte-Latein im Krankenbefund nicht versteht oder sich vom Arzt alleingelassen fühlt, findet Hilfe beim Onlineportal www.washabich.de. Dort übersetzen Medizinstudenten komplizierte medizinische Diagnosen und Befunde. Zwei angehende Ärzte aus Dresden gründeten das Portal Anfang 2011. Inzwischen beteiligen sich bundesweit mehrere Hundert Medizinstudenten ehrenamtlich an dem Projekt. Mehr als 20.000 Mal hat das Team von washabich.de nach eigenen Angaben inzwischen helfen können. >> www.washabich.de Ä

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