Familien wieder eine Balance geben

Lena ist neun Jahre alt. Ihre Mutter, mit der sie alleine zusammenlebt, steckt in einer tiefen Depression. Sie hat deshalb Schwierigkeiten, den Alltag zu bewältigen. Dann ist die Tochter gefordert. Sie schlüpft in die Erwachsenenrolle, hilft, organisiert, schirmt ab. Für die kleine Lena ist diese Aufgabe eigentlich viel zu groß, auch wenn sie sie irgendwie hinbekommt. Sie wünscht sich häufig etwas anderes … mit anderen Kindern gemeinsam draußen die Natur erleben zum Beispiel.

Das "faba-Naturprojekt"

In Gütersloh existiert seit einigen Jahren ein Projekt, das genau auf die Bedürfnisse von Kindern wie Lena zugeschnitten ist. Es trägt die Bezeichnung „faba-Naturprojekt“. faba ist die Abkürzung für „Familien in Balance“ und gleichzeitig der lateinische Name für die Ackerbohne (Vicia faba). „Die dicke Bohne ist eine sehr robuste, nahrhafte und wuchsfreudige Gemüseart, die sich auch in unserem Logo findet“, erklärt Rainer Bethlehem, der das Projekt gemeinsam mit seiner Frau Renate 2007 aus der Taufe hob. Die BKK Diakonie findet das Konzept sehr überzeugend und unterstützt es deshalb. Der entscheidende Impuls zur Konzeptionierung des faba-Naturprojektes entstand bei Rainer Bethlehem aus seinen langjährigen Erfahrungen als Pfleger in einer psychiatrischen Klinik und während seiner Weiterbildung zum Fachgesundheits- und Krankenpfleger für psychiatrische Pflege. In einem Praxiseinsatz in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei ihm deutlich geworden, dass viele der betroffenen Kinder und Jugendlichen eine besondere Belastung durch eine Sucht- und/ oder psychische Erkrankung in der Familie aufwiesen.

Nach dem Studium der Broschüre des BKK-Bundesverbandes „Kindern von Suchtkranken Halt geben“, in der der wissenschaftliche Nachweis einer besonderen Belastung der Kinder in diesen Familien erbracht wurde, habe er Kontakt zum Kreisgesundheitsamt Gütersloh gesucht. Rainer Bethlehem: „In einer Arbeitsgruppe entstanden dann konkrete Pläne eines Natur-Präventivangebotes in Gütersloh für Kinder in Familien mit einer besonderen Belastung durch Sucht- und/oder psychische Erkrankung. Das faba-Naturprojekt war geboren.“ faba fördert und unterstützt in jedem Jahr acht Gütersloher Mädchen und Jungen im Alter von acht bis elf Jahren, in deren Familien eine solche Belastung besteht. Die betroffenen Kinder sind nicht selbst erkrankt, haben aber ein sechsfach erhöhtes Risiko, im Verlauf des eigenen Lebens eine Suchtoder psychische Erkrankung zu entwickeln. Dem soll vorgebeugt werden. Im faba-Naturprojekt nutzen sie die vielfältigen Möglichkeiten einer 8.000 Quadratmeter großen Streuobstwiese mit Gartengelände in Gütersloh-Isselhorst, um die sogenannte Resilienzfähigkeit der betroffenen Kinder zu stärken, wie es in der Fachsprache heißt. Unter Resilienz wird eine besonders hohe Widerstandskraft gegen Stress, bei stark ausgeprägten Entwicklungsmöglichkeiten verstanden (siehe dazu auch Bericht auf der folgenden Seite). „Das Ziel unseres Projektansatzes ist es, Naturerleben und Tätigkeiten in Natur und Garten für die Entwicklung von nachhaltigen gesundheitlichen Schutzfaktoren für und mit den Kindern zu entwickeln“, erläutert Projektleiterin Renate Bethlehem, die als ausgebildete Krankenschwester, Familientherapeutin und Kreativgestalterin ihrem Mann engagiert zur Seite steht.

Das faba-Projekt arbeitet eng mit dem Deutschen Kinderschutzbund, Kreisverband Gütersloh, und der Stadt Gütersloh, Fachbereich Familie und Soziales, zusammen. Naturerleben und Naturerfahrung können die belastenden Situationen in den Familien nicht beseitigen, so die Erfahrung der faba-Beteiligten, aber es kann ein Verständnis vom „Zu Hause sein in der Natur, in der Welt“ entstehen. Was wir in Natur und Garten wahrnehmen, die Art und Weise wie wir wahrnehmen, beeinflusst unser Gefühl und unsere Stimmung. Der positive Einfluss einer natürlichen Umgebung auf die Kinder ist eindeutig, das zeigen die Beobachtungen in den bisherigen sieben faba-Jahresprojekten, an denen rund 50 Gütersloher Familien teilnahmen. „Das Spiel in der freien Natur, der Umgang mit Naturprodukten, die Beschäftigung mit Tieren und Pflanzen und die Beobachtung des Werdens, Vergehens und der Prozesse der Veränderung im Jahreskreis wirkt positiv auf sie“, hat Rainer Bethlehem festgestellt.

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