„Schönheit beginnt im Kopf“

Tim Oliver Schultz ist ein populärer, viel beschäftigter deutscher Schauspieler. Zuletzt spielte er in der Serie „Club der roten Bänder“ die Rolle des krebskranken Patienten Leo. Hierfür erhielt er 2016 den Grimme-Preis und – zusammen mit dem ganzen Ensemble – den Deutschen Schauspielerpreis. Wie denkt jemand angesichts einer solchen Rolle über Schönheit?

Interviewer: "Für die Serie „Club der roten Bänder“ haben Sie sich die Haare komplett abschneiden lassen. Eine extrem schwierige Lebenssituation, in die Sie sich da reinversetzen mussten. Was lernt man dabei über sein Aussehen?"
Tim Oliver Schultz: " Naja, als der Tag gekommen war, hatte ich schon etwas Muffensausen. Ich habe ziemlich volles, dickes Haar und davon recht viel. Aber dann, als sie ab waren, war es irgendwie ein abgefahrenes Gefühl. Es hat mir natürlich das Spielen erleichtert, denn die Glatze gehörte ja zwingend zur Rolle. Leo ist gerade mal 16, aber bereits ein gezeichneter Mann. Er lebt seit neun Monaten in der Klinik, er hat ein Bein verloren und Angst vor der nächsten Chemo. Aber Leo ist auch ein Löwe, ein Kämpfer, ein Anführer. Er gründet mit fünf anderen, teilweise sterbenskranken Jugendlichen die Krankenhausbande „Club der roten Bänder“. Leo gibt ihnen Kraft. Er kämpft für sie und mit ihnen gegen den Tod. Diesen starken Charakter zu spielen, war eine große Herausforderung für mich. Das „unschöne“ Aussehen von Leo unterstreicht in diesem Fall seine Stärke."

Interviewer: "Was nehmen Sie aus der Rolle mit?"
Tim Oliver Schultz: "Die Einstellung zu vielen Dingen hat sich bei mir geändert. Die Serie hat mir noch mehr Dankbarkeit gelehrt. Ich weiß nun umso mehr zu schätzen, dass wir genug zu essen haben, freue mich, wenn ich an schönen Orten bin und bin natürlich sehr froh, dass ich zwei gesunde Beine und einen funktionierenden Kopf habe. Als Schauspieler möchte man im Idealfall in die unterschied-lichsten Rollen schlüpfen."

Interviewer: "Helfen Äußerlichkeiten oder kommt es nicht auf ganz andere Qualitäten an?"
Tim Oliver Schultz: "Auf jeden Fall ist es spannend, unterschiedliche „Masken“ anzunehmen, um bestimmte Rollen zu spielen, aber die geistige Einstellung ist da auf jeden Fall um vieles wichtiger. Was der eine als schön empfindet, beurteilt der andere vielleicht nicht so. Wie heißt es doch so treffend: Es kommt auf die inneren Werte an. Das klingt abgegriffen, ist aber so. Schönheit beginnt nicht auf dem Kopf – siehe Leo – sondern drinnen. Was nützt dir ein makelloses Aussehen, wenn du charakterlich wenig zu bieten hast. Das gilt auch für die Schauspielerei. Da fällt die Diskrepanz sogar noch eher auf, weil viele zuschauen. Dennoch: Viele Menschen neigen heute zum Optimierungswahn. Ihr Äußeres beziehen Sie dabei mit ein. Muss man wirklich perfekt aussehen, um im Leben etwas zu erreichen? Auf keinen Fall! Dazu kann ich aus meinem eigenen Leben etwas beisteuern: Als Kind habe ich Kleinwüchsigkeit attestiert bekommen. Ich war nicht gut im Sport, hatte einfach wenig Erfolgserlebnisse. Eine Freundin der Familie kam auf die Idee, mich bei einer Schauspielagentur anzumelden, damit ich etwas aus eigener Kraft schaffe und irgendworan wachsen kann. Mit 12 hatte ich dann meine erste Rolle. Vor der Kamera habe mich sofort wohlgefühlt und bin doch noch gewachsen; immerhin bis zur Größe von 1,78 Meter! Ich glaube, es lag auch an der Größe der Aufgabe, die mir mit dem Beruf gestellt wurde, obwohl es biologisch wohl eher nicht nachzuweisen ist (Tim lacht). So oder so: Viel zu viele Menschen investieren Kraft in die Optimierung ihres Äußerlichen, wobei sie sich auf die Entwicklung ihrer inneren Schönheit konzentrieren sollten."

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