Bewegung als Schlüssel für eine gesunde Entwicklung

Sie zappeln herum, können sich schlecht konzentrieren, neigen zu Wutausbrüchen: Kinder, die ihr Verhalten schwer kontrollieren können, kosten viel Kraft, häufig haben sie auch in der Schule Probleme. Aus Schweden kommt eine alternative Methode, die Hilfe verspricht – mit Bewegung.

Viele Eltern kennen das: Der Sohn oder die Tochter kann nicht stillsitzen, lässt sich bei den Hausaufgaben leicht ablenken, die Schrift ist ungelenk und verkrampft. Auch aggressives Verhalten ist keine Seltenheit. „Zu Hause explodieren die Kinder regelrecht und lassen Dampf ab, weil sie ihre Impulse nicht selbst steuern können“, weiß Kinder- und Jugendcoach Susan Reinhold. Schnell steht der Verdacht auf eine Aufmerksamkeitsdefizit-Störung oder eine Lese-Rechtschreib-Schwäche im Raum, doch damit werde vielen Kindern Unrecht getan, meint die Sportwissenschaftlerin. „Häufig sind einfach noch frühkindliche Reflexe aktiv und führen zu den Schul- und Verhaltensproblemen.“

Bereits im Mutterleib und nach der Geburt sind solche Reflexe wichtig und steuern die Bewegungen des Babys. Im Laufe der ersten drei Lebensjahre werden die automatischen Verhaltensmuster dann nach und nach gehemmt, das Kind kann sich zunehmend willentlich bewegen. Fehlen allerdings bestimmte Reize, gerät diese Entwicklung ins Stocken. Frühkindliche Reflexe können zum Teil bestehen bleiben und treten im Alltag unvermittelt auf, erklärt Reinhold. „Im Hintergrund läuft praktisch ein altes, energieraubendes Programm, das die Kinder blockiert.“

Bewegungstraining als Therapie

Mit einem Bewegungstraining, so genannten Reflex-Integrations-Techniken (RIT), können fehlende Entwicklungsschritte nachgeholt werden, so Reinhold. Einmal pro Monat ist eine Sitzung notwendig, zu Hause müssen die Kinder einfache Übungen etwa zehn Minuten täglich wiederholen. „Wir arbeiten an den Wurzeln, das macht das Programm so effektiv. Mehr als sechs bis acht Termine sind nicht notwendig.“ Aber auch ohne professionelle Anleitung gleichen viele Kinder Defizite selbst aus, weiß die Sporttherapeutin. Förderlich seien in jedem Fall Gleichgewichtsübungen, Schaukeln, Balancieren, sich Abstützen und Hangeln. Auch Schwangeren empfiehlt Susan Reinhold ausreichend Bewegung und rät, wenn möglich, zu einer natürlichen Geburt. Für Babys sei es gut, sie immer mal wieder auf eine Krabbeldecke zu legen, auch auf den Bauch oder die Seite. All das stimuliere die Reflexe des Kindes und helfe, sie zu integrieren.

RIT wurde in den 1980-er Jahren in Schweden entwickelt, in Deutschland wird die Methode seit etwa sieben Jahren angewandt. Mit Hilfe eines Fragebogen und eines Tests kann ein Trainer feststellen, ob die Reflex-Integration für ein Kind in Frage kommt.