Fragen Sie Dr. Google & Co.?

Bei Gesundheitsproblemen konsultieren viele Menschen inzwischen zuerst das Internet. Nicht ohne Grund, denn Dr. Google & Co. liefern eine Fülle von Informationen. Doch Vorsicht! Der Weg ins medizinische „Netz“ birgt auch Gefahren.
Starke Kopfschmerzen, Bauchweh oder eine anhaltende Müdigkeit, dass sich Patienten erst einmal im Internet informieren, ist für Ärzte inzwischen Alltag. „Früher haben die Menschen im Gesundheitslexikon nachgeschlagen, heute "googeln sie im Netz“, sagt Hausarzt Dr. Norbert Hartmann und hat damit kein Problem. Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe findet mündige, aufgeklärte Patienten gut. Kritisch wird es allerdings, wenn Kranke sich anhand ihrer Beschwerden über das Internet eine eigene Diagnose zurechtlegen. Laien können bei der Einschätzung schnell falsch liegen – mit fatalen Folgen. Aus dem Kopfweh wird ein gefährlicher Gehirntumor und sind die Bauchschmerzen nicht ein Hinweis für ein Magengeschwür? Je nach Persönlichkeitsstruktur sind Menschen mehr oder weniger geneigt, eine Krankheit auf sich selbst zu beziehen und leiden dann tatsächlich, sind verunsichert und haben unnötige Ängste. Wenn Betroffene sich dann auch noch Medikamente aus der Apotheke holen, kann das gefährlich werden, warnt der Allgemeinmediziner und rät entschieden von der Online-Diagnose mit anschließender Selbstmedikation ab. Statt auf eigene Faust herumzudoktern, sollten Patienten besser offen mit ihrem Arzt über ihre Vermutungen und Befürchtungen sprechen, plädiert Hartmann. „Oft hat man als Arzt das Gefühl, der Betreffende hat sich schon informiert, aber die meisten schweigen darüber lieber“, so seine Erfahrung. Dabei kann es für einen Arzt sehr hilfreich sein zu wissen, wo und wie sich Patienten informiert haben. Auf keinen Fall müssten sich Menschen schämen, dass sie im Internet googeln. „Der Mensch hat ja ein Problem, sonst würde er nicht suchen.“ Ein guter Arzt werde dies ernst nehmen und gemeinsam mit dem Patienten einen Weg finden. Fragen Sie Dr. Google & Co.?

Webseiten auf "Herz und Nieren" prüfen

Bei Gesundheitsproblemen konsultieren viele Menschen inzwischen zuerst das Internet. Nicht ohne Grund, denn Dr. Google & Co. liefern eine Fülle von Informationen. Doch Vorsicht! Der Weg ins medizinische „Netz“ birgt auch Gefahren. Steht die Diagnose fest, kann das Internet eine wertvolle Ergänzung sein. Patienten können sich zum Beispiel zusätzlich und in Ruhe über das Krankheitsbild und Therapiemöglichkeiten informieren. Auch in Sachen Ernährung, Bewegung, Impfung oder Vorsorge bietet das Internet hilfreiche Informationen. Immer vorausgesetzt, die Webseiten sind seriös, aktuell und unabhängig. „Es gibt genügend Seiten, auf denen Pharmafirmen ihre Produkte preisen, das ist zum Teil auf den ersten Blick gar nicht klar zu erkennen“, warnt Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale NRW (s. auch Interview). Ihr Rat: Der erste Klick sollte zum Impressum gehen und klären: Wer ist der Anbieter? Wer ist für den Inhalt verantwortlich? Wer finanziert die Seite? Vorsicht ist auch bei überzogenen Heilversprechen geboten. Bei Therapien sollten neben dem Nutzen auch Risiken und Alternativen erwähnt werden. Besonders vertrauenswürdig sind Seiten von Institutionen, die auch außerhalb des Netzes für verlässliche Informationen stehen, zum Beispiel medizinische Fachgesellschaften oder Krankenkassen. Ein Zeichen für eine seriöse Webseite ist auch der Hinweis, dass bei ernsten Erkrankungen und Problemen der behandelnde Arzt aufgesucht werden muss. Denn so das Fazit: Das Internet kann eine gute Ergänzung bei Fragen zur Gesundheit sein, den Arztbesuch oder gar eine professionelle Diagnose und Behandlung können Dr. Google & Co. nicht ersetzen. Eine nicht repräsentative, aber aufschlussreiche Umfrage zum Thema Online-Diagnose aus Großbritannien hat gezeigt, dass „Dr. Google“ für viele Frauen die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen ist. 1.000 Frauen wurden befragt, jede vierte lag mit ihrer selbst gestellten Online-Diagnose falsch. Jede zehnte Frau litt über einen längeren Zeitraum unter unangenehmen Nebenwirkungen ihrer Fehldiagnose, zum Beispiel weil sie ein unpassendes Medikament gekauft hatte. Ein Fünftel der befragten Frauen fürchtete aufgrund der Google-Diagnose sogar, schwer erkrankt zu sein. Zur besseren Einschätzung von Gesundheitsinformationen im Internet bietet die Verbraucherzentrale NRW eine Checkliste: >> www.vz-nrw.de/mediabig/86661A.pdf

"Überzogene Heilversprechen sollten zu denken geben"

Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale NRW verrät im MENSCH-Interview, was aus Sicht der Verbraucherzentrale von den medizinischen Kompetenzen des Internets zu halten ist. Kann das Internet den Arzt ersetzen? Behrendt: Nein. Wer sich krank fühlt, sollte persönlich mit einem Arzt sprechen. Das Internet kann aber Patienten darin unterstützen, ihre Interessen besser wahrzunehmen. So kann es hilfreich sein, sich vor oder nach einem Arztgespräch im Internet über ein bestimmtes Krankheitsbild zu informieren oder die Vor- und Nachteile von Behandlungsverfahren zu recherchieren. Im besten Fall entscheiden Arzt und Patient gemeinsam, welche Therapie die richtige ist. Das Internet kann auch bei der Wahl eines Spezialisten oder eines Krankenhauses nützlich sein. Gibt es Erkenntnisse darüber, wie stark „Dr. Google & Co.“ heutzutage genutzt werden? Behrendt: Mittlerweile sind über drei Viertel der Deutschen ab 14 Jahren online. Jedoch nicht jeder sucht dabei gezielt nach Gesundheitsinformationen. Der Gesundheitsmonitor von 2010 ergab, dass 33 Prozent der Befragten im Alter zwischen 18 und 79 Jahren häufig oder gelegentlich Gesundheitsportale nutzen. Dazu kommen immer mehr Menschen, die über Twitter, Facebook und andere soziale Netze ihre Erfahrungen mit anderen teilen und damit nicht nur passive Konsumenten sind, sondern auch die Inhalte selbst gestalten. Was kann das Internet leisten? Behrendt: Mit dem Internet wird Fachwissen sehr schnell verbreitet. Damit dieses Potenzial optimal genutzt werden kann, braucht es wissenschaftlich fundierte und gut lesbare Internetportale. Neben medizinischem Wissen benötigen Bürger und Patienten vor allem noch mehr Informationen zur Qualität von Ärzten, Therapeuten und Krankenhäusern. Dann kann das Internet auch seine Wegweiser- und Lotsenfunktion stärker wahrnehmen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Vernetzung. Patienten mit gleicher Krankheit können sich trotz großer räumlicher Distanzen in Selbsthilfegruppen untereinander austauschen.
Was kann es nicht, worin bestehen also die Gefahren? Behrendt: Das Internet ist nur die Plattform, es gibt jedoch keine Gewähr für die Inhalte. Deswegen ist es wichtig, dass Verbraucher ihre Nutzerkompetenzen stärken. Sie müssen wissen, wie sie an relevante Informationen kommen und diese qualitativ einschätzen können. Entscheidend ist auch, welche Schlussfolgerungen sie daraus für sich ziehen. Zum Beispiel: „Kann ich von der Krankheitsgeschichte einer anderen Person auf meine eigene schließen?“ oder „Ist der Umgangston in dem Internetforum für mich akzeptabel?“ Woran kann ich erkennen, dass die Infos im Netz unter Umständen mit Vorsicht zu genießen sind? Behrendt: Einseitige Botschaften mit überzogenen Heilsversprechen sollten zu denken geben, genauso wie fehlende Angaben zum Verfasser einer Seite und dessen Absichten. Manche Internetseiten werben geradezu damit, dass sie bestehendes Recht umschiffen. Außerdem sollte man im Internet sparsam mit persönlichen Daten umgehen. Wem eine Seite suspekt erscheint, sollte sie lieber meiden. Weitere Tipps gibt die Checkliste der Verbraucherzentrale NRW unter: >> www.vz-nrw.de/Gesundheitsforen-im-Internet-Risikenund-Nebenwirkungen

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