„Spüren, was gut für mich ist“

Unseren „Draht zur Natur wieder zum Glühen zu bringen“, das ist eine Herzensangelegenheit von Christoph Freese. Der Sportwissenschaftler für Rehabilitation und Prävention arbeitet nebenberuflich als Wildnislehrer und motiviert Menschen aller Altersstufen, sich auf die Natur einzulassen.

Täuscht der Eindruck oder gibt es im Moment eine zunehmende Sehnsucht nach Natur?
Die Nachfrage nach Kursen in unserer Natur- und Wildnisschule Teutoburger Wald ist jedenfalls steigend, wir erleben einen kleinen Boom. Die Beweggründe, warum Menschen zu uns kommen, sind ganz unterschiedlich: Das reicht von Neugier bis zur Sinnfrage. Viele Menschen suchen Geborgenheit und Orientierung, hinterfragen ihre Karrieren, fühlen sich im Hamsterrad. Da kann der Aufenthalt in der Natur sehr sinnvoll sein. Wir Menschen kommen aus der Natur, Jahrtausende war sie unser Zuhause. Diese Verbindung wieder bewusst zu machen, dazu möchten wir beitragen.

Was gibt uns die Natur, was uns im Alltag vielleicht fehlt?
Das kann bei jedem etwas anderes sein, aber ganz oft ist es Ruhe, Entschleunigung, Distanz zu der Reizüberflutung und dem „Zuviel“ in unserem Alltag. Draußen ist das Leben einfach und wir können uns selbst wieder stärker wahrnehmen. Unsere Erfahrung zeigt, dass durch eine tiefere Verbindung mit der Natur und das in sich Hineinhorchen ein Gefühl für das entsteht, was gut für mich ist. Außerdem möchten wir ererbtes Wissen über die Natur weitergeben. Das ist ein großer Schatz, den unsere Vorfahren gesammelt haben.

In den Kursen sind Sie oft mehrere Tage draußen. Was berichten die Teilnehmer?
Viele staunen über sich selbst und erleben, wie sie eigene Grenzen erweitern. Ein Beispiel: Für einige ist es zunächst schon eine Herausforderung, draußen im Zelt zu schlafen und nicht in einem geschlossenen Raum – und am Ende des Kurses brauchen sie noch nicht einmal mehr das Zelt. Was ist normal? Diese Sicht verändert sich. Viele berichten auch, dass ihre Sinne geschärft werden. Unsere Wahrnehmung ist im Alltag kaum noch gefordert, weil die Technik uns so vieles abnimmt. Das Navi im Auto sagt uns, wo es langgeht, die Wetter-App, ob es heute warm oder kalt wird. Draußen in der Natur spüre und fühle ich selbst, meine Intuition, mein Bauchgefühl werden gestärkt. Wenn Menschen sich darauf einlassen, kommen sie wieder in ihre Kraft. Es entsteht eine große Klarheit. Das ist wundervoll zu begleiten.

Lassen sich solche Effekte auch im Alltag erzielen?
Unbedingt. Mit einem gestärkten Bauchgefühl ist der Kopf frei, der Stress fällt ab und der Verstand ist in der Lage eine Sachlage genau zu prüfen, um das Wesentliche in einer Situation zu erkennen. Die Handlung wird bewusst und zielgerichtet. Es gibt einfache Übungen, um diesen positiven Einfluss zu intensivieren, zum Beispiel einfach mal eine halbe Stunde bewusst die Umwelt wahrnehmen und Ablenkungen ausblenden.

Was ist mit Kindern? Die verbringen heute viel Zeit in der Schule oder mit Medien.
Kinder sind der Natur gegenüber unvoreingenommen. Sie wollen alles erforschen und entdecken. Sie werden von allem inspiriert und haben ein Recht darauf, diesem Drang nachzugehen. Unsere kulturelle Entwicklung lässt kaum Raum für natürliches Erleben. Klettern, im Matsch spielen, durch raschelndes Laub gehen oder aus Ästen eine Bude bauen, das sind wertvolle Erfahrungen, das schult die Sinne, fördert die persönliche Entwicklung und macht glücklich.

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