Im Reich der Düfte

Würziger Tannenduft, fruchtige Orange oder betörende Rose – pflanzliche Aromen sorgen nicht nur für Wohlbefinden, sie lindern auch viele gesundheitliche Beschwerden, helfen beim Lernen oder bringen uns einen erholsamen Schlaf.

Kaum wegzudenken sind ätherische Öle bei der Behandlung von Erkältungen: Eukalyptus, Thymian oder Pfefferminze sind klassische Bestandteile von Hustenbonbons oder Inhalationssalben, sie befreien die Nase und lösen Schleim – doch die Einsatzmöglichkeiten sind damit längst nicht ausgereizt. „Ätherische Öle sind echte Multitalente und haben ein breites Wirkungsfeld“, weiß Heilpraktikerin Sabine Warzecha, die seit Jahren mit natürlichen Essenzen arbeitet. So vertreibt das kühlende Pfefferminzöl auch Kopfschmerzen und ist gleichzeitig bei Übelkeit oder Bauchweh angezeigt. Ein anderes Beispiel ist Lavendel. Das Öl gilt als beruhigend und schlaffördernd, lässt aber auch Wunden besser heilen, hilft bei Verbrennungen der Haut und lindert Schmerzen.

Schon in der Antike und im Mittelalter nutzten die Menschen aromatische Kräuter und Gewürze als Medizin. Heute erforschen Wissenschaftler, was ihre Düfte so wirksam macht – und wiesen in einigen ätherischen Ölen bis zu 400 verschiedene Inhaltsstoffe nach. „Das gibt eine Ahnung, wie komplex ätherische Öle sind“, sagt Sabine Warzecha, die fasziniert ist von dem ausgeklügelten „Wunderwerk der Natur“.

Duftende Seele der Pflanzen

Ätherische Öle werden auch als „duftende Seele“ der Pflanzen bezeichnet. Sie sind in Blüten, Blättern, Samen, der Rinde oder Wurzeln enthalten und bestehen unter anderem aus sekundären Pflanzenstoffen, die in der Natur ganz praktische Aufgaben haben: So helfen sie der Pflanze, Schädlinge abzuwehren oder locken Insekten zur Bestäubung an. Kein Wunder also, dass zahlreiche ätherische Öle Bakterien, Viren und Pilze bekämpfen, zellerneuernd sind oder die Abwehrkräfte stärken – Eigenschaften, die auch dem Menschen zugute kommen.

Die Anwendung ist einfach und auf vielfältige Weise möglich: Wir können die Aromen über eine Duftlampe aufnehmen, als Inhalation, Badezusatz oder durch eine Massage. Wichtig ist es, ätherische Öle nicht unverdünnt auf die Haut zu geben. Sabine Warzecha empfiehlt zwei bis drei Tropfen Essenz auf 10 Milliliter gutes Basisöl wie Jojoba- oder Mandelöl, bei Kindern ist die Verdünnung noch größer. Bei einer Massage gelangen die ätherischen Öle über die Haut ins Blutsystem. Auch im Körper, zum Beispiel in der Niere, haben Wissenschaftler Riechrezeptoren nachgewiesen.

Über die Nase eingeatmet aktivieren Düfte Gehirnregionen, die für Hormonausschüttung, Gefühle und Erinnerungen zuständig sind. So ist es nicht verwunderlich, dass ätherische Öle auch Stimmungen beeinflussen können oder die Konzentration fördern. Tests zeigten zum Beispiel, dass Zitrone-Orangen-Düfte das Lernen unterstützen. Bei Studien in den USA machten Sekretärinnen in bedufteten Büros bis zu 50 Prozent weniger Tippfehler.

„Duftöle sind für alle Generationen geeignet“, sagt Sabine Warzecha. Sie setzt die Essenzen auch gerne bei älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen ein. An trüben Wintertagen sind Limette oder Orange sanfte Stimmungsaufheller, an anderen Tagen ist die beruhigende Wirkung von Lavendel oder Palmarosa gefragt. „Aromamassagen sorgen zusätzlich für wohlige Momente, entspannen und entkrampfen. Das ist gerade bei unruhigen Patienten, die sich in der neuen Umgebung noch eingewöhnen müssen, eine wert-volle Unterstützung.“

Auf Qualität und Herkunft achten

In den 1980er-Jahren bekam die Nutzung der Aromaöle in Deutschland einen Schub. Damals begannen Produzenten, in großem Stil Öle für den Markt herzustellen. Heute gibt es ein großes Angebot. Kunden sollten auf 100 Prozent naturreine Öle achten, am besten aus kontrolliert biologischem Anbau. Bei der Anwendung ist weniger oft mehr, betont Sabine Warzecha: Ein Raum sollte zum Beispiel nicht länger als zwei Stunden beduftet und ein Öl nicht dauerhaft genutzt werden, so die Heilpraktikerin. Bei ernsthaften Beschwerden, die nicht weggehen, unbedingt einen Arzt oder Therapeuten aufsuchen.